VorOrt Nr. 4 (September 1999)
Zeitung für das andere Vaihingen
Auflage 10 000

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  Gemeinderatswahlen am 24. Oktober
Gut, daß wir verglichen haben

Demnächst werden uns wieder entgegenspringen: auf dem Vaihinger Markt und in den Fußgängerzonen, die Wahlkämpfer der Parteien und und klar machen, daß der Stadtbezirk Vaihingen nur dann eine lebenswerte Zukunft hat, wenn wir gerade die Kandidaten ihrer Partei im Oktober in den Gemeinderat wählen.

Wer dabei die von ihnen propagierte Ziele vergleicht, macht eine erstaunliche Feststellung: Sie wollen offenbar von Schwarz bis Grün alle dasselbe, nämlich unser Bestes: Weniger Verkehr, bessere Luft, mehr Grünflächen, mehr Gemeinschaftseinrichtungen, mehr Bürgerbeteiligung, ein lebendiges, gesundes und ruhiges Vaihingen eben.

Und das wollten sie alle eigentlich schon immer - wenigstens im Wahlkampf.

Vergleicht man dann noch, was die einzelnen Parteien in den letzten Jahren im Gemeinderat tatsächlich beschlossen haben, macht man noch eine erstaunliche Entdeckung: Sie tun auch alle dasselbe. Allerdings meist das Gegenteil von dem, was sie uns vor der Wahl versprochen haben.
Immer nämlich, wenn ein Unternehmen sich ein Stück Grünfläche als geeignetes Bauland ausguckt, genügt der Ruf "Arbeitsplätze" und "Gewerbesteuer" und die Parteien unterscheiden sich nur noch im Außmaß der Begeisterung, mit der sie bereit sind, ein weiteres Stück Natur zu opfern und mit der neuen Industrieansiedlung das Verkehrsaufkommen im Stadtteil zu vergrößern.

Zog nicht die SPD dereinst mit dem Slogan "Mir lasset ons onsere Fildere net versaue" gegen die weitere Zubetonierung der Filderlandschaft zu Felde? In den Folgejahren hat sie dann so ziemlich allen landschaftszerstörenden Großprojekten bis hin zur Fildermesse zugestimmt.

Und gerade in Vaihingen kann man ein Lied davon singen, wie die Grünen ihre Absichten, für einen nachhaltigen, ökologischen Städtebau einzutreten, vergessen haben, als sie erst einmal die begehrten Gemeinderatssitze erobert hatten.

Einmal gewählt, entdecken sie plötzlich alle die "Verantwortung für das Ganze", was ihnen immer bedeutet: für das ganz große Geld, großzügige Wirtschaftsförderung auf Kosten der Lebensbedingungen und sparen im Sozialbereich und bei den Gemeinschaftsaufgaben.

Das war in Vaihingen bei der Zerstörung des Grüngürtels und Frischluftschneiße Unterer Grund so, ebenso wie bei der Vernichtung von Kleingärten für das Audi-Zentrum in den Honigwiesen.

Die praktischen Unterschiede zwischen den Parteien schmelzen da auf Beiwerk zusammen: Die Grünen fordern für das jeweils neue Großbauwerk eine Dachbegrünung, die SPD Sozialräume, die CDU ausreichend Stellplätze für PkWs und die FDP eine möglichst geringe Beschränkung der Eigeninitiative des Bauträgers. Und darauf können sich dann auch wieder alle einigen.

Wir werden uns doch ernsthaft überlegen müssen, ob wir weiterhin nur zwischen jeweils "kleineren Übeln" entscheiden wollen, oder uns nicht doch einmal nach grundlegenden Alternativen umsehen sollten. Gut, daß wir verglichen haben.

 

Ach SPD
von Gerhard Wick

Ausgerechnet Scharping, ihren Kriegs- und Propagandaminister hat die SPD mit der Leitung einer Kommission beauftragt, die wieder einmal ein neues Parteiprogramm erarbeiten soll. Das alte, so die Parteioberen, sei nach gerade mal zehn Jahren nicht mehr zeitgemäß.
Was zeitgemäß ist, hat der Parteivorsitzende G. Schröder in einem gemeinsamen Papier mit seinem britischen Kollegen Blair schon einmal vorgedacht: die endgültige Abkehr von sozialen Vorstellungen und Parteinahme für die Lohnabhängigen und statt dessen die alleinige Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen des Kapitals.
Die SPD soll wieder einmal so modern werden, wie es ihr Chef schon ist. Und das Eintreten für die ökonomisch Schwachen ist eben so ganz und gar nicht mehr modern.
Einst wollten sie mehr soziale Gerechtigkeit durch eine grundlegende Umwälzung der ökonomischen Verhältnisse. Als dies nicht so recht klappte, da sollte die Gerechtigkeit mittels Reform des Kapitalismus entstehen. Das war dann wohl auch nichts. Jetzt wollen sie soziale Gerechtigkeit einfach gar nicht mehr. Ach, SPD.



Die Wirklichkeit überholt die großen Worte der Festreden
Stadt schachert mit Unterem Grund

"Park" nennen sie die Ansammlung von Betonmassen, mit denen das Naherholungsgebiet "Unterer Grund" zerstört wird: Technologie-Park. Was für ein Wort! Dem Fortschritt geopfert werden mußte die Frischluftschneiße nach dem Willen aller Fraktionen des Gemeinderats, weil für die gewünschte Ansiedlung von "forschungsorientierten Unternehmen" im Rahmen der "Gründeroffensive" das bereits vorhandene große Gewerbegebiet nicht geeignet sei. Unmittelbare Uni-Nähe sei erforderlich. Bei so hehren Zielen wie die Schaffung von "zunkunftsorientierten, qualifizierten Arbeitsplätzen" (OB Schuster) konnten die gravierenden Umweltbedenken nichts mehr zählen. Schließlich sollte dort eine Solarfabrik entstehen, die in direkter Zusammenarbeit mit der Universität neue nachhaltige Techniken zur Energieversorgung entwickeln und produzieren würde.
Jetzt, nachdem die Bebauung beschlossen und die ersten Bäume gefällt sind, bietet die Stadt den Komplex ganz normalen Dienstleistungsbetrieben, wie der Telefongesellschaft Debitel zu günstigen Konditionen an.


Weissagung der Cree-Indianer:
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluß vergiftet, der letzte Fisch gefangen, werdet ihr feststellen, daß man Geld nicht essen kann.



Warum ich nicht mehr grün wähle

Bei der Europawahl haben die Grünen in Vaihingen 800 Stimmen verloren. Viele, die sich von der Wahl dieser Partei im vergangenen Jahr eine andere Politik erhofft hatten, haben ihre Hoffnungen inzwischen begraben. VorOrt hat sich in Vaihingen ein wenig umgehört.

Ich wähle nicht mehr grün, weil sich diese Partei stromlinienförmig an die Unkultur der Machterhaltung um jeden Preis immer mehr anpaßt. Sie steht eben nicht mehr für mehr Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Ökologie. Sowohl in ihren politischen Entscheidungen, als auch in ihren Reden unterscheidet sie sich nicht mehr von den übrigen Politschwätzern.
(Gerhard Öchsle, Lehrer)

Solange die sogenannte "grüne" Partei ihre Grundsätze und ihre Wurzeln vergessen hat, und sich nur noch dadurch auszeichnet, liberale Positionen zu besetzen, kann und will ich diese Partei nicht mehr wählen.
(Steffen Engel, Redakteur)

Ich wähle nicht mehr die Grünen, weil ich schon die alte FDP nicht gewählt habe.
(Andreas Gühring, Sozialarbeiter)

Einmal und nie wieder.
(Jack, Erst- und Letztwähler)

Eine Partei mit dieser Geschichte ist sich nicht zu schade, den Krieg wieder hoffähig zu machen. Unter Mißachtung geltenden nationalen und internationalen Rechts, sich an einem Angriffskrieg zu beteiligen, macht es mir unmöglich, eine solche Partei zu wählen.
(Erich Steffen, stellvertretender Bezirksbeirat Bündnis90/Die Grünen)

Ich wähle nicht noch einmal die "Grünen", weil nach fast einem Jahr beim "Ausstieg aus der Atomenergie" noch gar nichts erreicht ist, obwohl die Grünen bei der Bundestagswahl 1998 für sich geworben hatten mit dem Slogan: "Atomausstieg nur mit uns" Statt dessen soll den Atomkraftwerksbetreibern auch von "Grünen"-Politikern das Zugeständnis gemacht werden, daß sie ihre Atomanlagen noch ca. 30 Jahre ungestört betreiben dürfen.
Dieses Zugeständnis hätte nicht einmal die Kohl-Regierung gemacht !
(Heidi Lindstedt, Pressesprecherin Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim)



Endlich Klarheit bei der Scheinselbständigkeit
von Steffen Engel

Die deutschen Sozialversicherungsverbände haben zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeit in ihrem Korrekturpapier vom 16. Juni 1999 endlich Klarheit für die Betroffenen gebracht.

Dabei will die Neuregelung nicht aus Selbständigen Arbeitnehmer machen, sondern erreichen, "daß in Abgrenzung zu einer selbständigen Tätigkeit die abhängig Beschäftigten besser erkannt werden, die nur zum Schein als Selbständige auftreten." (Zitat aus dem Korrekturpapier) - Alles klar ?
Also noch einmal: Nach dem Kriterienkatalog des §7, Abs. 4 SGB IV wird das Bestehen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vermutet, wenn mindestens zwei von vier Kriterien vorliegen. "Der Kriterienkatalog erzeugt jedoch keinen Tatbestand einer eigenständigen Versicherungspflicht als Arbeitnehmer". (Korrekturpapier).

Da sich die Vorschrift des §7 SGB IV allein auf die Beurteilung von Arbeitnehmern bezieht, dient die Neuregelung nicht dazu, aus Selbständigen Arbeitnehmer zu machen. Kapiert ?

Also auf deutsch: Die gesetzliche Neuregelung soll nur auf Arbeitnehmer angewandt werden.

Für die Prüfung der Scheinselbständigkeit gilt die alte Rechtslage. Doch Vorsicht: gerade die alte Regelung reicht bei ernsthafter Umsetzung, die schwarzen Schafe zu entlarven, was auch unsere vollständige Zustimmung findet.

Das vollständige Korrekturpapier erhalten sie bei uns oder (vielleicht) bei ihrer zuständigen AOK.

 

Kein anderes lateinamerikanisches Land garantiert wie Kuba jedem Kind einen Kindergartenplatz. Auch die Grundversorgung aller Kinder blieb selbst in Krisenzeiten erhalten.

Kubas Kinder

Der Filder-Freizeit-Club sammelt zusammen mit der Vaihinger Rundschau Fußbälle und Fußballutensilien für Kubas Kinder. Eine gute Sache. Aber warum ist Aufruf von kubanischen Straßenkindern die Rede ?

Straßenkinder, damit verbinden wir jene bedauernswerten Kinder ohne F amilien und Zuhause, die man stehlend und bettelnd überall in den Elendsvierteln der kapitalistischen Länder Lateinamerikas antrifft.

In Kuba gibt es sie nicht. Richtig ist, daß Kuba mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, nachdem im Zuge der Kapitalisierung des Ostblocks sich die meisten der früheren Handelspartner der unmenschlichen Blockade-Politik der USA gegen Kuba angeschlossen haben. Doch selbst in diesen schweren Zeiten werden unter größten Anstrengungen die zentralen Errungenschaften der Revolution aufrechterhalten. Und dazu gehört eben zum Beispiel die Garantie eines Kindergartenplatzes für jedes Kind, Schulausbildung und Grundversorgung mit Nahrungsmitteln. Selbst in den Jahren der größten wirtschaftlichen Not mußte kein Kind auf den von der Regierung garantierten täglichen Liter Milch verzichten.>

Kuba ist ein sehr kinderfreundliches Land. Deshalb trifft man auf Kubas Straßen zwar viele spielende Kinder. Straßenkinder im uns bekannten Sinn sind das aber nicht. Die gab es dort allenfalls vor der Revolution.

Kuba braucht in der Tat unsere Hilfe und deshalb begrüßen wir auch diese Spendenaktion. Allerdings sollte sie nicht dazu mißbraucht werden, ein falsches Bild von Kuba zu festigen.

 

Kriegsberichte - Jetzt können wir's ja sagen
Wir haben gelogen

Wer auf dieses Eingeständnis der Nachbeter der Falschinformationen des Propagandaministers Scharping in nahezu den gesamten Medien gewartet hat, wartete bisher vergeblich. Immerhin druckte die Welt am 18. Juni ein Interview mit dem deutschen Chirurgen Richard Munz, der im mazedonischen Flüchtlingslage Stenkovac I Flüchtlinge aus dem Kosovo behandelt hat, das einem solchen Geständnis gleichkommt.

Die Welt:
Ist die Situation in den mazedonischen Flüchtlingslagern von den deutschen Medien adäquat abgebildet worden ?

Munz:
Ganz sicher nicht. Der weitaus größte Teil der Medienvertreter, mit denen ich gesprochen habe, hat hier eine Story gesucht oder nach Belegen für eine Story, die er vorher schon hatte. Die Wirklichkeit ist kaum wahrgenommen worden. .... Die Journalisten haben versucht, ihre eigenen Vorgaben, ihre Vorurteile zu bestätigen oder zu belegen.

Was genau ?

Zum Beispiel war für mich sehr überraschend, daß eine große Anzahl von Journalisten nicht wahrnehmen wollte oder konnte, daß in unseren Flüchtlingslagern die Männer im wehrfähigen Alter die Mehrheit der Flüchtlinge stellten. Es war ja immer so dargestellt worden, als würde es Männer im Lager gar nicht geben. Selbst wenn man die Journalisten darauf hingewiesen hat, dann weigerten sie sich, das wahrzunehmen.

Gibt es noch andere Beispiele ?

Freilich. Es gab die fast konstante Frage, was wir mit den vergewaltigten Frauen machen, ob wir Abtreibungen vornehmen oder ähnliches. Unsere Antwort war einfach: Wir hatten in der ganzen Zeit, die wir hier sind, keinen solchen Fall einer vergewaltigten Frau. Und wir sind für insgesamt 60 000 Flüchtlinge zuständig, für Stenkovac I und II, sowie für noch zwei weitere kleine Lager.
Auch wir hatten uns zuvor wegen kursierender Gerüchte über Vergewaltigungen überlegt, wie wir damit umgehen wollen, aber der Fall ist real nicht eingetreten. Wir haben keine gesehen, was natürlich nicht heißen muß, daß es keine gab.

Wollten die Medienvertreter den edlen, leidenden Flüchtling sehen ?

Ich glaube, daß der Flüchtling an sich für die Journalisten überhaupt nicht wichtig gewesen ist. Die Einseitigkeit diente wohl nur dazu, die deutsche Beteiligung als NATO-Staat irgendwie zu rechtfertigen und zu untermauern ...

Während der Bombardierung hat in Deutschland vor allem Verteidigungsminister Scharping sehr emotional Menschenrechtsverletzungen im Kosovo angeprangert. Sehen sie da einen Zusammenhang zum Verhalten der Medien ?

Duchaus. Bevor ich hier angekam, habe ich diese Äußerungen ja auch wahrgenommen. Ich bin auch mit ganz bestimmten Vorstellungen hier angekommen. Diese Vorstellungen habe ich dann aber korrigiert durch das, was ich in den Lagern gesehen habe. Ich glaube einfach, daß die Medien das nicht mehr korrigieren konnten oder wollten. Sie haben den objektiven Blick verloren, sich zu einem Teil des Konflikts machen lassen.

 

EngelsZunge
(Anmerkungen von Steffen Engel)

1 Milliarde Dollar pro Jahr, eingesetzt für die Malariabekämpfung, rettet 700 000 Menschleben. Was kostet ein Tag Bomben auf Serbien und den Kosovo ?

Friedenstruppen marschieren ein. Truppen?  Einmarschieren?  Das Vokabular spricht der Absicht Hohn.

Nur wer radikal denkt, kann sich frei entscheiden.

 

1. VorOrt-Treffen

VorOrt - Die Zeitung für das andere Vaihingen will nicht nur informieren, sondern vor allem auch die Möglichkeit geben, sich untereinander auszutauschen, Meinungen zu diskutieren und neue Ideen zu entwickeln.

Dies kann natürlich nicht nur von der Zeitung zu den Leser/innen hin geschehen. Unsere Vorstellung geht vielmehr dahin, daß die Zeitung selbst schon aus einem Diskussionsprozeß heraus entsteht. Darüber hinaus wäre es dann ganz prima, wenn sich um die Zeitung herum eine Gruppe bilden würde, die auch aktiv in das kommunale Geschehen Vaihingens und die politische Meinungsbildung eingreift.

Einen großen Vorteil hätte die Gruppe in jedem Fall: ein regelmäßiges Publikationsorgan zur Darstellung ihrer Vorstellungen ist schon vorhanden. Zur Diskussion solcher Möglichkeiten laden wir deshalb alle Interessierten ein zum

1. VorOrt-Treffen - am Montag, den 27.9.1999 - um 19:30 Uhr - Gaststätte Eisenmann - Rohr, Osterbronnstr. 5

 

Mutige Enthüllungen im Vaihinger Schaufenster
Stengel "entlarvt" Stocker

Weil inzwischen nahezu alle Parteien im Stuttgarter Gemeinderat das "Milliardenloch" Stuttgart 21 mittragen, haben sich die Kritiker dieses und anderer Großprojekte, vor allem aus der Initiative "Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21" zu einer eigenen Gemeinderatsliste mit Namen "Parteilos glücklich - Bürgerbeteiligung - Zukunftsbeständigkeit - Kein Stuttgart 21" zusammengefunden.

Und schon spielten einige, die mit der Anpassungspolitik von SPD und Grünen unzufrieden sind, mit dem Gedanken, diesmal die Liste "Parteilos glücklich" zu wählen.
Gott sei Dank hat ihnen Herr Stengel im Vaihinger Schaufenster gerade noch rechtzeitig die Augen geöffnet. Gangolf Stocker, einer der Kandidaten dieser Liste nämlich, so hat der rege Journalist herausgefunden, ist nicht nur Sprecher der Initiative "Kein Stuttgart 21", sondern auch Mitglied der PDS.
Damit ist es für Herrn Stengel klar, und diese seine Erkenntnis kann er uns nicht verschweigen, daß diese Liste nur dazu dient, die Gegner von Stuttgart 21 "für eine ganz andere Sache, nämlich die des Herrn Gysi, zu mobilisieren. Und dafür hat er auch gleich unwiderlegbare Beweise: die Wählerinitiative hat nämlich auch eigene Vorstellungen zu Bereichen wie Wirtschaft und Kultur entwickelt. Aha. Wer so was macht, der muß ja Kommunist sein.
Daß die PDS mit einer eigenen Liste antritt, Stocker bei den parteilos Glücklichen von 60 Kandidat/innen der einzige mit PDS-Parteibuch ist und von seiner Partei wegen seines Alleingangs heftig kritisiert wurde, das alles kann Stengels Verdacht, nein seine Gewißheit, nicht abschwächen.
Als kleines Dankeschön für diesen mutigen Rückfall in die dumpfe antikommunistische Propaganda des Kalten Krieges singen wir speziell für Willy Helmut Stengel anbei noch einmal Süverkrüps Moritat vom Kryptokommunisten aus den 60er Jahren.

 

Erschröckliche Moritat vom Kryptokommunisten

Wenn die Sonne, bezeichnender Weise im Osten
und rot hinter Wolken aufgeht,
das ist seine Zeit, da er flach wie ein Tiger
aus härenem Bette aufsteht.
Er wäscht sich nur ungern und blickt in den Spiegel
mit seinem Mongolengesicht.
Er putzt sich die Zähne mit Branntwein und trinkt einen Wodka,
mehr frühstückt er nicht.
Hu, huhuuu.
Dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel an,
und dann geht er an sein illegales Untertagwerk ran.

Und dann fletscht er die Zähne, die Hand hält er vor, denn das darf ja kein Mensch niemals sehn.
Um neun Uhr zehn frißt er das erste Kind, blauäugig, blond aus dem Kindergarten.
Um elf brennt die Kirche, es drängen sich hilfsbereit Feuerwehr, Bürger und Christ.
Derweil diskutiert er mit Schwester Theres, bis die auch für den Weltfrieden ist.
Der Kommunist ist so geschickt, dagegen kann man nicht !
Und zu Mittag schreibt er gar noch ein politisches Gedicht.

Er verstellt sich, spricht rheinisch statt sächsisch und infiltriert meuchlings und nur hinterrücks.
Und wenn du bis heute verschont bliebst, ist das eine Frage persönlichen Glücks.
Am Nachmittag platzt eine Bombe in Bonn,
aber da hat er sich geirrt !
Weil, wenn einer nur an KZs mitentworfen hat,
daraus kein Staatseklat wird.
Und wer ein Kommunist ist, kriegt man niemals richtig raus,
so ein Kryptokommunist sieht immer agitproper aus.
Hu, huhuuu.

Zumeist kommunistet er dort in der Hütte,
die gleich hinterm Bahndamm versteckt liegt.
Da übt er sich heimlich in Philosophie, Analyse, sowie Dialektik.
Müd kommt er nach Hause, er küßt seine Frau und spielt mit den Kindern Verstecken.
Die Kinder sind auch durch und durch infiziert, denn sie kennen im Haus alle Ecken.
Dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel aus,
und dann ruht er sich von seinem schweren Untertagwerk aus.
Dann hört er sich die Platte mit der H-Moll-Messe an,
weil er nicht einmal privat mehr völlig unverstellt sein kann.
Hu, huhu is huuh ?
(Dieter Süverkrüp)

 

VorOrt-Intern
Ja, wir geben's zu: Mit der August-Ausgabe ist es nichts geworden. Wäre ja auch niemand da gewesen, der sie gelesen hätte. Oder ? Aber ab jetzt wieder richtig regelmäßig und spätestens nach dem VorOrt-Treffen mit reger Beteiligung der Leser/innen.
Wer VorOrt übrigens noch immer keiner Partei zuordnen kann, dem können wir jetzt sagen: er kann die Nachforschungen aufgeben: Wir ergreifen zwar immer wieder Partei, aber nicht für eine Partei, sondern eher für die Interessen der Menschen, die im Stadtbezirk leben und arbeiten. Deshalb können Sie uns auch nicht wählen.